Praxisbeispiel: Conjoint Analyse
Aufgabenstellung
Ein Hersteller von Nutzfahrzeugen möchte seine Produktlinie im Segment der schweren Lkw (18 bis 41 t) optimieren. Dafür sollen Ausstattungsmerkmale auf ihre Akzeptanz in der Zielgruppe überprüft und die Preisbereitschaft für diese Features untersucht werden.
Unter Berücksichtigung externer Größen wie Marktvolumen und Kosten für Produktfeatures und Serviceleistungen sollen Prognosen erstellt werden, welche Preisstellungen bei welchen Produktvarianten zum maximalen Gewinn führen.
Analyse
Um die oben genannte Fragestellung zu beantworten, wurde eine Conjoint-Analyse durchgeführt. Damit tragfähige Prognosen hinsichtlich konkreter Absatzzahlen erzielt werden konnten, wurde ein Modell aufgestellt, das neben der Herstellermarke die vier wichtigsten Konkurrenzmarken enthielt. Weiterhin wurden die Produktfeatures Fahrerhaus, Motorleistung, Klimaanlage, Windleitteile, Lackierung und Ausstattungslinie, verschiedene Servicepakete und der Preis aufgenommen.
164 Entscheider in Unternehmen, die mindestens einen Lkw der relevanten Gewichtsklasse nutzen, wurden im Rahmen der Untersuchung befragt. Neben einem Choice Based Conjoint-Modul wurden unter anderem Fragen zur Kauffrequenz und Nutzungsdauer vorgelegt. Daraus wurde ein Gewicht berechnet, das in das Prognosemodell integriert wurde.
Abb. 1: Präferenzstruktur von Entscheidern im Markt schwerer Lkw
Hierarchical Bayes-Schätzungen aufgrund der Antworten zum Conjoint lieferten je Fall individuelle Nutzenwerte. Diese repräsentieren die Präferenzen der Befragten hinsichtlich ihrer Anforderungen an Lkw.
Die geforderten Absatz- und Gewinn-Prognosen sollten mit Hilfe von Simulationsrechnungen erstellt werden. Dazu wurde in dem Online-Simulationstool MASIM ein Projekt eingerichtet, in das die Nutzenwerte und die Fallgewichte integriert wurden. Ferner wurden dem Modell detaillierte Produktionskosten und Absatzvolumen im Gesamtmarkt hinzugefügt.
Zunächst wurde eine Ausgangssituation definiert, die weitgehend der derzeitigen Marktsituation entsprach. Eine Simulation dieser Konstellation ergab Marktanteile, die zwar in etwa den Größenordnungen im realen Markt entsprachen, aber dennoch für alle definierten Produkte mehr oder weniger starke Abweichungen von den tatsächlichen Marktanteilen lieferte.
Da sich die zu untersuchenden Szenarien an der realen Marktsituation orientieren sollten, wurde eine Justierung durchgeführt. Dazu wurden zunächst die Koeffizienten des Rechenmodells mit Hilfe von Optimierungsverfahren so modifiziert, dass die Simulations-Ergebnisse ohne Eingriffe in die erhobenen Daten und weitere Fallgewichtungen nahe an die Soll-Vorgaben herankamen. In einem zweiten und dritten Justierungsschritt wurden dann die Nutzenwerte für Nichtkauf und Hersteller angepasst. Durch diese Schritte wurde eine perfekte Anpassung des Marktmodells an die reale Situation erreicht.
Darauf aufsetzende Simulationen lieferten Kosten-Nutzen-Relationen der interessierenden Produktfeatures. Dadurch konnte gezeigt werden, welche Zusatzkosten den Befragten einzelne Zusatzausstattungen, Produktverbesserungen bzw. Feature-Pakete wert sind.
Eine Simulation unter Einbeziehung der Herstellungskosten und Absatzvolumen sollte zeigen, mit welchen Produktvarianten und bei welchen Preisstellungen voraussichtlich maximaler Gewinn erzielt wird. Dazu wurden fiktive Produkte konstruiert (eine Standard- und eine Premium-Variante), die in einigen Merkmalen variierten. Die Standard-Variante mit ihren Basis-Ausstattungen erhielt dabei eine niedrigere Preisrange als die Premium-Variante mit ihren hochwertigeren Merkmalen. Aus diesen Variationen resultierten 9.600 mögliche Kombinationen. Mit Hilfe der integrierten Optimierungsfunktion ermittelte MASIM daraus die gewinnbringendsten Kombinationen. Die folgenden Abbildungen zeigen das Ergebnis dieser Optimierung.
Abb. 2: Prognostizierte Marktanteile, Einnahmen und Gewinne der 10 Kombinationen mit maximalen Gewinnaussichten
Die rote Linie in Abb. 2 zeigt die prognostizierten Gewinne der 10 Kombinationen mit den höchsten Gewinnerwartungen. Die Abbildung enthält neben der Gewinnkurve ebenfalls die erwarteten Marktanteile sowie Einnahmen. Durch den daraus resultierenden Normbereich ist die Differenzierung hinsichtlich der Gewinne gering. Es zeigt sich jedoch, dass die berechneten Marktanteile und Einnahmen im Gegensatz zu den Gewinnen sehr stark variieren. Eine Einbeziehung dieser Größen kann zusätzliche Entscheidungshilfen liefern. Kombination 8 zum Beispiel lässt neben hohen Gewinnen eine starke Marktposition erwarten, da hier der Absatz am größten ist.
Abb. 3: Prognostizierte Marktanteile und Gewinne der 10 Kombinationen mit maximalen Gewinnaussichten
Abb. 3 zeigt die Resultate derselben Optimierung allerdings ohne Darstellung der Einnahmen. Dadurch kann der Wertebereich so normiert werden, dass die Differenzierungen bei den Gewinnen deutlich werden. Aufgrund dieser Darstellung wird klar, dass es eine Kombination aus Modellen gibt, die zu einem sehr deutlichen Gewinnmaximum führt.