Analytic Hierarchy Process (AHP)
Johannes Lüken / Dr. Heiko Schimmelpfennig
Ursprünglich ist der AHP ein Instrument zur Entscheidungsunterstützung, das auf Basis hierarchisch strukturierter Ziele eine Rangordnung von Alternativen ermittelt. Eingesetzt wird er unterdessen ebenfalls zur Präferenzmessung. Im Gegensatz zur Conjoint-Analyse finden keine ganzheitlichen Beurteilungen von Konzepten statt, sondern werden wiederholt einzelne Merkmale bzw. Ausprägungen miteinander verglichen.
Datenerhebung
Zur Präferenzmessung werden Merkmale und Ausprägungen, aus denen sich zum Beispiel ein Produkt zusammensetzt, hierarchisch angeordnet. Eine einfache Hierarchie bildet das individuell beste Konzept auf der obersten Ebene, die Merkmale, die dieses charakterisieren, auf der zweiten Ebene und die möglichen Ausprägungen der Merkmale auf der dritten Ebene (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Hierarchie der Merkmale und Ausprägungen eines Tablets
Auf diese Weise wird die Gesamtaufgabe der Bewertung eines Tablets in vier Teilaufgaben gegliedert: eine mit den drei Merkmalen und drei weitere jeweils mit den Ausprägungen eines der Merkmale. Innerhalb einer Teilaufgabe werden die Ausprägungen bzw. Merkmale in Paarvergleichen gegenübergestellt. In dem Beispiel wären somit von jedem Befragten sieben Paarvergleiche für die Merkmalsausprägungen (einer für das Display und jeweils drei für das Betriebssystem und den Preis) sowie drei Paarvergleiche für die Merkmale durchzuführen. Er hat jeweils anzugeben, wie sehr er eine Merkmalsausprägung gegenüber der anderen präferiert bzw. ein Merkmal im Vergleich zum anderen für ihn wichtiger ist. Ursprünglich empfohlen wurde der Einsatz einer 17-stufigen Ratingskala, deren Pole den Wert 9 und deren Mitte den Wert 1 erhält. Aber auch Skalen mit weniger Abstufungen finden Verwendung. Zusammengefasst werden die Antworten eines Befragten zu den Paarvergleichen einer Teilaufgabe in einer Matrix (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Resultate der Paarvergleiche der Ausprägungen des Merkmals Betriebssystem
Eine ganze Zahl größer als eins gibt an, inwieweit die Ausprägung in der Zeile gegenüber der in der Spalte präferiert wurde. Eine gebrochene Zahl als deren Kehrwert zeigt, inwieweit eine Ausprägung in einer Zeile gegenüber der in einer Spalte abgelehnt wurde.
Datenauswertung
Für jede der (in dem Beispiel vier) Matrizen wird zu dem größten Eigenwert der zugehörige Eigenvektor bestimmt. Dieser wird so normiert, dass die Summe seiner Elemente eins ergibt. Damit liegen sowohl die Gewichte der Merkmale als auch der Ausprägungen aller Merkmale vor. Zur Bestimmung der die Präferenzen eines Befragten widerspiegelnden Teilnutzenwerte im Sinne einer Conjoint-Analyse werden die Gewichte der Ausprägungen mit dem Gewicht des entsprechenden Merkmals multipliziert. Das aus seiner Sicht beste Konzept ist definiert durch die Ausprägungen mit den höchsten Teilnutzenwerten. Die Differenz zwischen größtem und kleinstem Teilnutzenwert eines Merkmals ist maßgeblich für die relative Wichtigkeit des Merkmals (siehe Abbildung 3). Die Auswertung erfolgt für jeden Befragten separat, so dass unmittelbar Teilnutzenwerte auf individueller Ebene vorliegen. Diese können sowohl aggregiert als auch für Simulationen herangezogen werden.
Abbildung 3: Ergebnisse des AHP
Erweiterungen der Hierarchie
Die Hierarchie der Merkmale und Ausprägungen ist nicht auf drei Ebenen beschränkt. Zum einen kann ein Merkmal durch andere untergeordnete bestimmt sein. In dem Beispiel in Abbildung 4 machen Displaygröße und Displayauflösung zusammen das Merkmal Display aus. Zum anderen können Ausprägungen durch andere untergeordnete definiert sein. Ein viertes Merkmal des Tablets könnte zum Beispiel das mitgelieferte Zubehör sein. Auf der oberen Ebene der Ausprägungen wird nur unterschieden zwischen dem kompletten Zubehörpaket und gar keinem Zubehör. Unter der Annahme fehlender Interaktionen werden die Teilnutzenwerte für Tasche, Schutzfolie und Pen auf der unteren Ebene so bestimmt, dass ihre Summe dem Teilnutzenwert des kompletten Zubehörpakets „Alles“ entspricht.
Abbildung 4: Mögliche weitere Ebenen für ein Merkmal und für eine Ausprägung
Beitrag aus planung&analyse 14/3 in der Rubrik „Statistik kompakt“
Autoreninformation
Johannes Lüken war bis 2021 Leiter des Bereichs Multivariate Analysen bei IfaD.
Prof. Dr. Heiko Schimmelpfennig ist Projektleiter im Bereich Data Science bei IfaD sowie seit Oktober 2021 als Professor für Forschungsmethoden an der BSP Business & Law School Hamburg tätig. Zuvor war er sieben Jahre Professor für Betriebswirtschaft und Studiengangsleiter an der University of Applied Sciences Europe. Er ist bei IfaD schwerpunktmäßig für die Beratung, Anwendung und Schulung von Multivariaten Verfahren verantwortlich und vertritt in der Lehre das Gebiet der Quantitativen Methoden der Wirtschaftswissenschaft.
Literatur
Meißner, M.; Decker, R.: An Empirical Comparison of CBC and AHP for Measuring Consumer Preferences, Proceedings of the International Symposium on the Analytic Hierarchy Process, Pittsburgh, 2009.
Meixner, O.; Haas, R.: Der Analytische Hierarchieprozess. In: Wissensmanagement und Entscheidungstheorie, 2. Auflage, Wien, 2012, S. 167-280.
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