Conjoint Check | Die COVID-19-Impfstoff-Präferenzen der Deutschen
Aktuell sind auf dem deutschen Markt vier COVID-19-Impfstoffe zugelassen. Wenn wir frei wählen könnten – welche Impfstoff-Eigenschaften wären die ausschlaggebenden bei unserer Entscheidung für einen COVID-19-Impfstoff? Eine Abwägung, die nicht unbedingt leichtfällt, unterscheiden sich doch die bislang zugelassenen Vakzine hinsichtlich einer ganzen Reihe von Faktoren bzw. Merkmalsausprägungen. Ob Impfstoff-Typ, Impf-Ort, Wartezeit, Schutzwirkung, Abstand zwischen den Impfungen, Nebenwirkungen oder Mutationen – immer spielen individuelle Präferenzen eine Rolle. Doch auf welche Präferenzen kommt es ganz besonders an?
Eine Steilvorlage für die Marktforschung, denn um Präferenzen in Form individueller Nutzenwerte sichtbar zu machen, hat die Marktforschung das Choice-Based-Conjoint-Verfahren (CBC) entwickelt. In einer realitätsnahen Entscheidungssituation wird den Befragten ein Set von Produkten vorgelegt, aus denen sie jeweils eines (oder auch keines) auswählen sollen. Genau diese Conjoint-Studie hat nun die Gelszus rmm Marketing Research zusammen mit IfaD (technische Beratung und Umsetzung) im Online Access Panel der respondi AG bevölkerungsrepräsentativ durchgeführt. Bei der Vorlage der Produkt-Sets bediente sich das Design zweier Besonderheiten: zum einen wurden keine konkreten Anbieternamen genannt, um eine emotionale Aufladung zu vermeiden. Zum anderen wurden auch Kombinationen von Merkmalsausprägungen – und dies auch in Kenntnis der Teilnehmenden – eingebaut, die so in der Realität nicht vorkommen (z.B. nur eine Impfung mit mRNA-Impfstoffen) – erst dieser Trick machte es möglich, die entscheidenden Eigenschaften aufzudecken.
Smartphoneoptimierter CBC-Fragebogen
Abb. 1 und 2: Choice-Based-Conjoint responsiver Fragebogen auf einem iPhone (CIS Befragungssoftware)
Neben- und Schutzwirkungen eines Impfstoffs weitaus wichtiger als Impfstoff-Typ
Die Ergebnisse der Studie zeigen zwar eine klare Präferenz in Richtung der neuartigen mRNA-Impfstoffe (Moderna sowie BioNTech/Pfizer). mRNA-Impfstoffe erhalten, unabhängig von der Kombination anderer Merkmale, durchweg höhere Nutzenwerte als Vektor-Impfstoffe (AstraZeneca / Johnson & Johnson). Jedoch zeigen die Ergebnisse der Studie, dass durchaus weitere wichtige Faktoren bei der Wahl eines Impfstoff-Angebotes eine große Rolle spielen.
Abb. 3: Top-5-Merkmale der COVID-19 Impfstoffe (Quelle: Gelszus rmm)
Dass möglichst keine Nebenwirkungen, wie die sehr seltenen Hirnvenenthrombosen, bei einem Impfstoff bekannt sind, ist für die Befragten der Conjoint-Studie der weitaus wichtigste Aspekt – besonders bei jenen, die noch überlegen, ob sie sich überhaupt impfen lassen. Alle Teilnehmer*innen legen darüber hinaus jedoch außerdem großen Wert auf die möglichst hohe Schutzwirkung eines Impfstoffs sowie die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zur Altersfreigabe.
Ein präferiertes Impfstoffprodukt zeichnet sich weiterhin durch eine Schutzwirkung von idealerweise 95% – mindestens jedoch – 80% aus. Für viele Menschen ist damit vornehmlich das „Leistungspaket“ einer Impfung der relevante Aspekt, der ihre Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Impfstoff-Angebot beeinflusst und weniger die Tatsache, ob es sich generell um einen mRNA oder Vektor-Impfstoff handelt.
Große Bedeutung messen die Befragten den Empfehlungen der STIKO bei – besonders im Hinblick auf die vom Impfstoff abhängigen Empfehlungen zum Einsatz ab einem bestimmten Alter. In der Regel wird der Impfstoff, der für die eigene Altersgruppe empfohlen wird, klar präferiert. Die Empfehlung der STIKO hat gemäß der Conjoint-Studie unmittelbaren Einfluss auf die Wahl des Impfstoff-Angebots in verschiedenen Altersgruppen. Zudem wird besonders in Haushalten mit Kindern Impfstoffen hoher Nutzen zugesprochen, die laut STIKO-Empfehlung möglichst früh, d.h. bereits ab oder sogar unter 18 Jahren, verimpft werden können. Hier zeigt sich, wie wichtig Familien eine Empfehlung der STIKO im Hinblick auf die Impfung ihrer Kinder ist. Diese Erkenntnis ist begünstigt dadurch, dass bei jüngeren (18-34 Jahre) und mittleren Altersklassen (35-54 Jahre) eine Altersempfehlung der STIKO einen besonders hohen Nutzen aufweist.
In der Studie weisen nachvollziehbar Impfstoffe einen hohen Nutzen auf, die keine starken Impfreaktionen wie Fieber, Kopfschmerzen, Ermüdung oder Übelkeit mit sich bringen. Ob die Impfreaktion auf ein Vakzin jedoch leicht oder mittelstark ausfällt, macht für die Befragten keinen wesentlichen Unterschied. Eine im Vergleich höhere Präferenz zu einem besonders schnell verfügbaren Impfstoffprodukt lässt sich in der Studie vor allem unter den Männern ausmachen. Sie wollen eher schneller als Frauen geimpft werden und sehen in Impfstoffen einen besonders hohen Nutzen, wenn sie diesen aufgrund von guter Verfügbarkeit möglichst noch im aktuellen Monat erhalten können.
Urlaubsplaner sehen einen leichten Vorteil in der Einmalimpfung, welche zurzeit ausschließlich das Präparat von Johnson & Johnson ermöglicht. Die Option einer Verkürzung des Abstands zwischen den einzelnen Impfungen hat allerdings nur einen geringeren Einfluss auf die Impfstoffpräferenz. Selbst eine starke Verkürzung des Intervalls von 12 auf 4 Wochen zwischen den beiden für eine vollständige Immunisierung notwendigen Terminen bleibt im Conjoint ohne offensichtlichen Effekt auf den Nutzen eines Impfstoff-Angebots. Überdies kommt es den Studienteilnehmern*innen weniger auf den Ort an (wie Impfzentrum, Betriebsarzt oder Hausarztpraxis), wo die Impfung stattfindet.
In der Conjoint-Analyse Eigenschaften kombiniert
Im Rahmen der Conjoint-Analyse lassen sich nun durch entsprechende Kombination der Impfstoffeigenschaften die aktuell zugelassenen Vakzinen nachbilden und der Nutzen vorhersagen. Im Ergebnis präferieren die Befragten dann eindeutig Impfstoffe von BioNTech/Pfizer oder Moderna, da sie keine Nebenwirkungen aufweisen, von der STIKO empfohlen sind und die höchste Schutzwirkung bieten. Doch wie können auch Angebote von Vektor-Impfstoffen an Attraktivität gewinnen? Die Simulation der in der Conjoint-Befragung erhobenen Präferenzen zeigt, dass durch eine deutlich kürzere Wartezeit an einem bevorzugten Impf-Ort – insbesondere Hausarzt – die Entscheidungen häufiger auch zugunsten von Vektor-Impfstoffen getroffen werden könnten. Der Vorzug einer schnellen ersten Impfung mit einem Vektor-Impfstoff würde viele Impfwillige demnach über andere als Nachteil empfundene Eigenschaften hinwegsehen lassen.
Präsentation der studien-Ergebnisse
Ergänzender Chartbericht zur Pressemeldung
Studien-Steckbrief
Methode
Online-Befragung (CAWI) im Access-Panel, optimierte Durchführbarkeit für Smartphones
Conjoint-Variante
Choice Based Conjoint (CBC) ohne explizite Nennung von Impfstoff-Marken
Erhebungszeitraum
11.-14. Juni 2021
Zielgruppe
Personen zwischen 18 und 74 Jahren, die in Deutschland leben und eine Impfung nicht ablehnen
Stichprobengröße
n=750
Quoten
bevölkerungsrepräsentativ nach Geschlecht, Alter, Bundesländern
Software
CIS Befragungssoftware (www.cis-tools.de)
Durchführung
Gelszus rmm Marketing Research GmbH, IfaD Institut für angewandte Datenanalyse GmbH, respondi
Kontakt
IfaD GmbH
Anneke Schwier
+49 (40) 251713 26
aschwier@ifad.de
www.ifad.de
Gelszus rmm GmbH
Steffen Kühnast
+49 (40) 25158 109
skuehnast@gelszus-rmm.com
www.gelszus-rmm.de
respondi AG
Tel.: +49 (221) 27 23 180
www.respondi.com